Auszug – One Hour Run mit Jürgen Melzer


Words by Michael Buchleitner | Blog, Keep On RunInc. - Das Magazin


Wie viele Stunden haben wir hier einst in der Vorbereitung oder auch während der Saison beim Konditionstraining gemeinsam geschwitzt. Zusammen gelaufen sind wir äußerst selten. Nicht weil das keine geeignete Trainingsform gewesen wäre, sondern weil das Knie des damaligen Tennisprofis das nicht ermöglichte. Heute ist vieles anders, nicht nur sein Job. Hier ein paar Auszüge aus unserer Plauderei während unseres gemeinsamen One Hour Runs.

MB: Statt im Flieger von einem Turnier zum anderen zu jetten, lenkst du nun als Sportdirektor die Geschicke des ÖTV. Wie sehr kannst du hier gestalten?

JM: Als ich in die Verhandlungen mit dem ÖTV gegangen bin, war das für mich nur unter einer Bedingung möglich, nämlich dass ich eben etwas verändern kann. Das ist zum Glück nun auch so. Vor allem im sportlichen Bereich. Ich hätte den Job sonst nicht gemacht.

Wir laufen hier rund um den Golfplatz in Brunn unweit des Bundessportzentrums Südstadt, das schon sehr früh deine Heimat geworden ist. Wie war das damals, als du als Kind hier ins Internat gekommen bist?

Hier in Brunn wegzulaufen, das ist für mich schon Heimat. Damals, mit 14, war es ein sehr schwerer Schritt, in die Südstadt ins Internat zu gehen. Ich war stark mit meinem Elternhaus verbunden. Auf jeden Fall war es aber ein richtiger Schritt, weil ich dadurch die Möglichkeit bekommen habe, mich ganz aufs Tennis zu konzentrieren. Auf alle Fälle richtig, aber nicht leicht.

Heute begleitest du junge talentierte SportlerInnen auf deren Weg zum großen Ziel, Tennisprofi zu werden. Wie realistisch ist es, diesen Traum auch leben zu können und was braucht es dazu, neben einer großen Portion Talent?

Neben dem Talent muss natürlich vieles stimmen. Ich denke, als Kind stellst du dir die Frage nicht, und sollst du sie auch nicht stellen, weil du einfach diesen Traum lebst. Man muss ihnen nur klar machen ‚Hey, Jungs oder Mädels, einfach wird’s nicht! Ihr müsst viel dafür tun!‘ – das muss man den Kindern aber positiv vermitteln. Prozentuell hat man in anderen Feldern vielleicht größere Chancen, es zu schaffen, aber es ist ein so schöner Sport, dass es eben trotzdem viele probieren.

Bei deiner Abschiedsrede im Rahmen der ERSTE BANK OPEN hast du auch von der Erkenntnis gesprochen, dass es nicht für ganz oben (Anm.: Nr. 1 in der Weltrangliste) gereicht hat, und dass man auch mit dem Erreichten zufrieden sein muss/kann. Wie wichtig ist deiner Meinung nach die Fähigkeit, sein eigenes Potential richtig einzuschätzen?

Ich habe als Kind geträumt, Nummer 1 zu werden und auch noch mit 19, 20. Ich habe relativ spät kapiert, dem Tennis wirklich ALLES unterzuordnen. Vielleicht war es da schon ein bisschen zu spät. Vielleicht hatte ich aber auch nicht das nötige Talent oder Können, um tatsächlich ganz nach vorne zu kommen. Platz 8 ist schon vorne, aber eben nicht ganz. Ich glaube, wenn man sich in den Spiegel schaut und sagen kann: Ich habe alles gemacht, was ich konnte, und das habe ich die letzten 8 Jahre meiner Karriere tatsächlich gemacht und mehr war nicht drinnen, dann muss man irgendwann auch sagen können: Passt! Das Schlimme beim Tennis ist, egal wie viel du gewinnst, die nächste Woche ist gleich um die Ecke. Du kannst das nie feiern. Deshalb ist es wichtig, sich irgendwann hinzusetzen, zu reflektieren und zu sagen: ‚O.K., das war nicht so schlecht!‘. 


Das komplette Interview findest du in der ersten Ausgabe von Keep On RunInc. – gratis erhältlich im RunInc. Store!


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