Große Internationale Sportveranstaltungen finden wieder statt und geben Spitzensportlern vermehrt die Möglichkeit, ihre Top-Leistungen wieder auf die Bahn oder Straße zu bringen. Wie sieht es in der heimischen Läuferinnen- und Läuferszene aus, die vor der Pandemie mit bemerkenswerten Ergebnissen aufzeigen konnte?
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Eine kurze Einschätzung von Langstrecken-Insider Michael Buchleitner
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2022 war mit der WM in Eugene und den Europameisterschaften in München ein Leichtathletik – Superjahr. Während die Großveranstaltung in den USA, obwohl sie in der Hochburg von American Athletics in Oregon stattfand, mit massiven Zuschauerproblemen und organisatorischen Mängeln zu kämpfen hatte, glänzte das Event in der bayerischen Metropole mit vollem Haus und unvergleichlicher Stimmung.
Für Österreichs Delegationen verlief es dort wie da nicht nach Wunsch, und auch die heimischen Läuferinnen und Läufer konnten den Höhenflug, den die EM in Berlin 2018 auslöste, nicht fortsetzen.
Man erinnert sich noch gut und gerne an die erste rot-weiß-rote Medaille über die Marathondistanz, die die Mannschaft, bestehend aus Peter Herzog, Lemawork Ketema und Christian Steinhammer dort errungen hat. War sie doch zugleich der Auslöser für die Gründung des VCM Teams Austria, verbunden mit der großen Hoffnung, bei den Olympischen Spielen in Tokio und der heurigen EM in München für Glanzlichter über die längste Laufdistanz zu sorgen.
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Und während Deutschland bei den europäischen Heimspielen den Männersieger und Medaillen in der Mannschaft beider Geschlechter erringen konnte, war aus Österreich weder bei den Damen noch bei den Herren jemand im Starterfeld vertreten.
Aus dem erfolgreichen Trio von 2018 konnte sich nur Peter Herzog weiter entwickeln, der seine fantastische Karriere, vom Lauf-Quereinsteiger zum Marathon-Mann, mit einem fulminanten Auftritt beim London Marathon 2020, Corona bedingt nur in einem Elitefeld, mit dem neuen österreichischen Rekord von 2:10,06 krönte. Während er bei extrem widrigen Bedingungen den olympischen Marathon in Sapporo, aus klimatischen Bedingungen wurde der Event von Tokio dorthin verlegt, finishen konnte, musste Lemawork Ketema nach einem 41. Rang bei der WM in Doha 2019 bei den Spielen aufgeben und konnte auch beim VCM 2022 erneut nicht an die alten Leistungen anschließen.
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Valentin Pfeil hat die Laufschuhe an den Nagel gehängt, geht nun seinem Brotberuf als Veterinärmediziner nach und stellt sich an, die Praxis seines Vaters in Steyr zu übernehmen. Auch Christian Steinhammer läuft nach einigen Versuchen das EM-Limit zu unterbieten nur mehr berufsbegleitend und wird wohl auch in den Planungen des ÖLV für die Zukunft keine Rolle mehr spielen.
Aufgezeigt über die Halbmarathondistanz hat Timon Theuer, der beim Barcelona-Halbmarathon im Februar 2020 die zweitschnellste Zeit, die jemals von einem österreichischen Läufer über die Halbmarathon-Distanz gelaufen wurde, erzielt hat. Er benötigte damals für die 21,097 km nur 1:02:34 Stunden und legt fortan den Fokus auf den Marathon und die Qualifikation für Olympia und die EM. Bei fünf Marathon-Starts konnte er jedoch nie finishen und nur zu gut ist jedem noch das Malheur beim Wien Marathon im April 2022 präsent, als Timon Theuer nach einem Sturz, ausgelöst durch eine selbstverschuldete Kollission mit seinem Pacemaker Andreas Vojta, verletzungsbedingt aufgeben musste.
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Und auf jenem Andreas Vojta ruhen nun, neben Peter Herzog, der bei Kärnten läuft im August einen Halbmarathontest absolviert hat und im September in Berlin erneut über die 42.195 Meter antritt, die Hoffnungen für die Zukunft.
Nachdem er in Wien, als er seinen Job als Pacemaker erfüllt hat, noch ins Ziel gelaufen ist und erstmals über die Marathondistanz angeschrieben hat, folgte die Ankündigung, für Paris 2024 gänzlich auf die Straße zu wechseln. Sein vermutlich letztes Antreten bei einem Großereignis auf der Bahn bezeichnet er selbst als die schwerste Stunde seiner sportlichen Laufbahn, blieb er doch beinahe 2 Minuten über seiner Bestzeit und kam über den letzten Platz nicht hinaus.
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Ein Schicksal, das in München auch Julia Mayer mit ihm teilen musste. Jene junge Frau, die als Quereinsteigerin vom Fußball seit geraumer Zeit die heimische Laufszene dominiert und Rekorde auf der Straße über die 10-Kilometer und die Halbmarathondistanz aufstellen konnte. Für beide aber gilt, dass sie mit ihren Zubringerleistungen enormes Potential für den Marathon mitbringen. Doch wie man am Beispiel von Timon Theuer sehen kann, hat diese Distanz ihre eigenen Gesetze und erfordert einen sehr stabilen Bewegungsapparat, um die enormen Trainingsumfänge und Belastungen auszuhalten.
So trist die Situation im Moment scheint, so schnell kann es aber auch wieder nach oben gehen, wenn alle Herren gesund bleiben und ein wenig Glück bei der Wahl ihrer Starts haben und Julia Mayer Ihren Run auf der Straße fortsetzt und dort ebenso überzeugend debutiert.
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So oder so ändert das aber nichts an den grundlegenden Problemen des heimischen Laufsports. Dass immer weniger Kinder zum Leistungssport gebracht werden, die Starterfelder kontinuierlich kleiner werden und die durchschnittlichen Ergebnisse in den Bestenlisten zurück gehen. Und das trotz einem Schuhwerk, das durch den Einsatz von Carbon eine neue Ära eingeläutet hat und signifikante Leistungssteigerungen ermöglicht. Aber das ist eine andere Geschichte.